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Ökolinguistische Praktiken biokultureller und mehrsprachiger Diversität

Call for papers

9.-11. Juli 2026
Rennes, Frankreich

Die 8. internationale ökolinguistische Konferenz (ICE-8) wird von 9.-11. Juli 2026 in Rennes stattfinden.

Wir laden Euch ein, konkrete Handlungsansätze eines ökolinguistischen Selbstverständnisses – d.h. für eine nachhaltige Zukunft und ökologische Gerechtigkeit einzutreten – zu diskutieren und zu praktizieren. Besonders wichtig sind uns hierbei mehrsprachige und multisensorischen Begegnungen. ICE-8 möchte ein lebendiger und anregender Ort des Austausches über ökolinguistische Forschung und Praxis sein.

Die wachsende Disziplin Ökolinguistik nimmt seit den 1990er Jahren die Themen Sprache und Ökologie in den Blick, mit besonderem Augenmerk auf die Verbindungen zwischen Sprache(n) und Natur. In verschiedenen ökolinguistischen Schulen werden die Begriffe Sprache, Natur und Ökologie jedoch unterschiedlich verstanden oder konnotiert. In der Untersuchung der Rolle der Sprache für lebenserhaltende Wechselbeziehungen zwischen Menschen, anderen Lebewesen und der physischen Umwelt, stellen Ökolinguist*innen die Grenzen und Definitionen von Sprache und Nicht-Sprache, Mensch und Nicht-Mensch oder Mensch und Umwelt in Frage.

Ökolinguistik geht über traditionelle soziolinguistische Ansätze hinaus, die Ökologie als Metapher für Sprachkontakt oder Sprachwandel nutzten. Ökolinguist*innen untersuchen den Einfluss von menschlich- sprachlichem Handeln auf ökologischen Wechselbeziehungen in denen wir Menschen leben und von denen unser Wohlergehen und Überleben abhängen (Steffensen 2024). Diese ‘inklusive’ (Cornips 2019) ökolinguistische Perspektive verlangt nach Sprachforschung, welche Sprache neu denkt – nicht als anthropozentrische Fähigkeit, welche Menschen von der nicht-menschlichen Welt unterscheidet, sondern als irdische und erdgebundene Praxis, die menschliche Wesen mit anderen Lebewesen und Ökosystemen verknüpft, mit denen wir unseren Planeten auf vielfältige Weise teilen.

Diese Arbeit ist jetzt besonders wichtig, in einer Zeit die Umweltwissenschaftler als ‘Polykrise’ bezeichnen, einer Zeit geprägt von verflochtenen und extremer werdende Umweltkatastrophen, ausgelöst durch Modelle menschlicher Existenz, die Erde und Umwelt ausbeuten. Im Wissen um die enormen ökologischen Herausforderungen, zeigen Ökolinguist*innen die Vielfalt sprachlich geprägter Interaktionen von Mensch und Umwelt auf. Diese umfassen sowohl Ausbeutung und Verwertbarmachung, wie auch Fürsorge und harmonisches Zusammenleben. Während in früheren Arbeiten die kritische Analyse von Texten hinsichtlich ihres Umweltverständnisses zentral war, umfasst Ökolinguistik heute:

  • Studien über den Einfluss von (multisensorischen und verkörperten) Diskursen auf reale Begegnungen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Wesen
  • Untersuchungen über das Potenzial neuer Ökomedien und digitaler sprachlicher Praktiken als Raum für neues ökologisches Handeln, ökologische Identitäten und Gemeinschaften
  • Posthumanistische und postanthropozentrische Ansätze der Linguistik, die Sprache selbst als ein ökologisches Phänomen untersuchen, als wechselseitige Beziehung von Menschen mit anderen Lebewesen und anderen Orten
  • Dekoloniale und andere Ansätze aus dem globalen Süden in der Ökolinguistik, die lokale und indigene Sprachpraktiken außerhalb der vorherrschenden kolonialen Sprachideologien untersuchen
  • Kognitive Perspektiven, die Sprache nicht als eine begrenzte Entität in menschlichen Köpfen verstehen, sondern als eine verteilte Aktivität, die aus dynamischen Wechselbeziehungen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Körpern, Köpfen und deren gemeinsamen ökologischen Kontexten hervorgeht

Indem wir diese verschiedenen theoretischen und methodischen Ansätze miteinander ins Gespräch bringen, will ICE-8 Raum geben verschiedene Konzeptualisierungen der Sprache-Ökologie-Beziehung und ihren Einfluss sowohl auf ökolinguistische Forschung als auch auf praktische Antworten auf aktuelle ökologische Herausforderungen zu untersuchen. Wir freuen uns insbesondere auf Beiträge, die:

 

  • Brücken schlagen zwischen traditionelleren diskursanalytischen Ansätzen der Ökolinguistik zu neueren theoretischen Rahmungen, wie z.B. multisensorische, materielle, verkörperte, posthumanistische und digitale Analyseansätze.
  • erforschen, wie Sprache in menschlicher Interaktion mit anderen Lebewesen und Ökosystemen vermittelt.
  • untersuchen, wie sich dekoloniales und südliches Umweltwissen oder Umweltwahrnehmung in Sprech- und Hörpraktiken manifestiert, und dabei indigene und nicht-westliche theoretische Perspektiven auf Sprache und Diskurs miteinbeziehen.
  • interdisziplinäre Ansätze erkunden, die linguistische Analyse mit Erkenntnissen aus Umweltwissenschaften, Anthropologie, Kognitionswissenschaft und anderen relevanten Feldern verknüpfen.
  • die Rolle von Sprachideologien bei der Infragestellung oder Verstärkung destruktiver Mensch-Umwelt-Beziehungen analysieren.
  • neue Theorien und Methoden für die Analyse der Beziehungen von Sprache und Ökologie entwickeln.

ICE-8 bietet Möglichkeiten für Gespräche und das gemeinsame Ausprobieren ökolinguistischer Ansätze, die Vielfalt fördern, insbesondere sprachliche und biokulturelle Vielfalt. Die Konferenz soll mehrsprachig, multimodal und multisensorisch sein. Daher hat sich das Organisationskomitee zweier Leitprinzipien verschrieben. Erstens planen wir eine kreative und aktive Konferenz. Neben klassischen Präsentationsformaten bieten wir mehr Zeit für Diskussionsrunden, Workshops, künstlerische Darbietungen und Exkursionen. Zweitens wollen wir ICE-8 zu einer wirklich mehrsprachigen Konferenz machen, weswegen wir mit Übersetzung und Verdolmetschung experimentieren. Wir freuen uns besonders auf Beiträge in Sprachen, die in wissenschaftlichen Diskussionen marginalisiert sind, einschließlich von Regional- und Minderheitensprachen. Außerdem ermutigen wir Beiträge, die sich tiefergehend mit ökologischen Themen und Fragestellungen befassen.

Wir sind daran interessiert die folgenden Fragestellungen auf der ICE-8-Konferenz in verschiedenen Formaten zu diskutieren und weiterzudenken:

  • Wie ermöglichen wir Handlungsperspektiven und positive Veränderungen in unserer heutigen Welt?
  • Wie bewegen wir uns weg von Klima-Angst hin zu Klima-Hoffnung?
  • Wie führen wir neue Entwicklungsnarrative ein?
  • Wie ermöglichen wir eine breitere Beteiligung an ökolinguistischer Forschung, einschließlich derjenigen, die nicht in die akademische Forschung einbezogen sind (Kinder, ältere Menschen, Nicht-Menschen)?
  • Welche Rolle können KI und neue digitale Technologien bei der Verbreitung neuer Narrative und positiver Veränderungen spielen?
  • Wie können verschiedene Regionen und Sprachhintergründe im Mittelpunkt ökolinguistischer Debatten stehen?
  • Welchen Platz nimmt Kommunikation zwischen verschiedenen Arten in der Ökolinguistik ein?
  • Wie können Umweltaktivisten, Umweltforscher und Ökolinguisten zusammenarbeiten?
  • Wie trägt das Konzept der Ökoübersetzung (wie definiert in Cronin, 2017) zu Theorie und Praxis der Übersetzung bei um dort ökologisches Denken und Handeln zu fördern?
  • Wie sollen wir Ökolinguistik unterrichten und/oder Ökolinguistik in unsere Lehre anderer Themenfelder miteinbeziehen?

Mehrsprachiger Ansatz der Konferenz

  1. Nach Verfügbarkeit von Dolmetschern, Moderatoren, Organisation, finanziellen Mitteln und erklärten Wünschen der Teilnehmer:
    • Bieten wir Workshops auf Französisch und Englisch an.
    • Finden Diskussionen oder Workshops in anderen Sprachen statt und werden den anderen Teilnehmenden als Zusammenfassung auf Französisch und Englisch zur Verfügung gestellt.
    • Ermöglichen wir Verdolmetschung für einige Präsentationen oder Einzelvorträge. In solchen Fällen sollten Präsentationen und andere vorbereitende Dokumente im Voraus an das Organisationsteam geschickt werden.
  2. Autor*innen können selbst ihren Vortrag mehrsprachig gestalten:
    • Flipped Conference: Teilnehmende können ihren Vortrag auf Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch oder Spanisch aufnehmen und das Video bis zum 19. Dezember 2025 and das Organisationsteam weitergeben, so dass Student*innen des Masterstudiengangs Übersetzen und Dolmetschen der Universität Rennes 2 Untertitel einfügen können (auf Französisch und/oder Englisch, zusätzlich eventuell Deutsch, Italienisch und/oder Spanisch). Wichtig ist es, 1) die Dauer des Videos auf 15 Minuten zu begrenzen, 2) das Skript des Videos über die Website der Konferenz einzureichen um die Untertitel zu erleichtern, 3) während der Konferenz im Juli 2026 für eine Diskussion des Videos zur Verfügung zu stehen.
    • Selbstorganisierte*r Übersetzer*in: Es ist möglich selbst eine*n Übersetzer*in mitzubringen, so dass Teile des Vortrages direkt im Anschluss an die Präsentation ins Französische oder Englische übersetzt werden. Bitte erwähne diese Information im Abstract, damit im Programm ausreichend Zeit für dieses Präsentationsformat eingeplant werden kann.
    • Mehrsprachige Präsentationen: Es ist möglich eine andere Sprache auf Folien zu verwenden als im Vortrag - diese könnten während des Vortrages auch getauscht oder geändert werden.

Das Organisationsteam lädt Teilnehmende mit und ohne eigenen Beitrag ein. Alle Teilnehmenden sind eingeladen an einem oder mehreren Workshops teilzunehmen. Folgende Workshops sind angedacht:

  • Ko-kreative Praktiken der Neuerzählung
  • Klimahoffnung
  • Was wollen wir 2050 essen? (Kreative Schreibwerkstatt)
  • Multispezies-Sprachlandschaften
  • Korpusgestützte Ökolinguistik
  • “Fresco” neuer Geschichten

Teilnahmemöglichkeiten

  • Einen Vortrag halten:
    • Teilnahme mit einer Videopräsentation, die vorab mit Untertiteln zur Verfügung gestellt wird; Fragen können online oder vor Ort während einer Diskussionsrunde beantwortet werden
    • Teilnahme mit einer Präsentation vor Ort
  • Einen Workshop organisieren
  • Ein Gespräch oder eine Diskussionsrunde initiieren
  • An einem Workshop teilnehmen (Anmeldung im Zuge der Anmeldung zur Konferenz möglich)
  • Teilnahme an einer Diskussionsrunde (Anmeldung im Zuge der Anmeldung zur Konferenz möglich)

Du möchtest einen Vortrag halten, einen Workshop organisieren oder eine thematische Diskussion initiieren? Bitte schickt uns eine kurze Zusammenfassung bis zum 1. Oktober 2025!

Wichtig: Bitte schreibe keine Namen oder persönliche Daten von Autor*innen oder Organisator*innen in den Abstract! Nur so kann eine anonyme Begutachtung (blind review) sichergestellt werden. Für die Kontakdaten gibt es ein separates Feld in der Eingabemaske unserer Website.

Einzelvorträge sollten nicht länger als 20 Minuten dauern. Abstracts von bis zu 300 Wörtern fassen den Vortrag zusammen, stellen klar den Bezug zum Thema der Konferenz dar, klären den Modus der Präsentation (vorab aufgenommen, live vor Ort), nennen die Sprache(n) des Vortrags.

Workshops können in ihrer Dauer variieren (zwei Stunden bis ganztägig). Das Abstract von bis zu 500 Wörtern muss folgende Informationen enthalten: Modus (vor Ort, online), Sprache(n), Planungen zur Übersetzung/Dolmetschen, benötigtes Material, Dauer des Workshops, Anzahl der Teilnehmenden.

Diskussionsrunden und Gespräche sind thematische Diskussionen, die von ein bis zwei Personen moderiert werden. Sie dauern ein bis zwei Stunden und gehen einer konkreten Frage oder einer expliziten Problemstellung nach. Moderator*innen können ein bis vier Gäste einladen, die Impulsvorträge halten oder eine Diskussion anregen. Das Abstract von bis 300 Wörtern muss folgende Informationen enthalten: Thema, Modus (vor Ort, online), Sprache(n) und Planungen für Übersetzung/Verdolmetschung, Anzahl der Teilnehmenden.

Künstlerische Beiträge sind herzlich willkommen. Bitte sende uns uns eine kurze E-Mail, welche die künstlerische Idee beschreibt und wie diese zur Konferenz beitragen könnte. Wir werden unser mögliches tun um kreative und künstlerische Beiträge aufzunehmen.

Ausgewählte Teile sind für eine Online-Teilnahme offen, ICE-8 ist aber keine vollständig hybride Veranstaltung. Wir freuen uns auf Euch in Rennes von 6. bis 11. Juli 2026.

Referenzen

Cornips, Leonie. 2019, The final frontier: non-human animals on the linguistic research agenda, in Janine Berns und Elena Tribushinina (dir.), Linguistics in the Netherlands, 36, p. 13-19. Amsterdam: John Benjamins.

Cronin, Michael. 2017. Eco-Translation. Translation and Ecology in the Age of the Anthropocene. London: Routledge.

Lamb, Gavin. 2024. Multispecies Discourse Analysis. The Nexus of discourse and practice in sea turtle tourism and conservation. London: Bloomsbury Academic.

Lechevrel, Nadège. 2010. Les approches écologiques en linguistique: enquête critique. Louvain-la-Neuve: Bruylant-Academia.

Maeko, Busani & Liqhwa Siziba, L. 2024. Environmental Conservation and the Bulawayo CBD as a Linguistic Landscape Construction: An Ecolinguistics Perspective. Journal of Asian and African Studies.

Steffensen, Sune Vork, Döring, Martin, & Cowley, Stephen (eds.). 2024. Language as an Ecological Phenomenon: Languaging and Bioecologies in Human-Environment Relationships. London: Bloomsbury Academic (Bloomsbury Advances in Ecolinguistics).

Steffensen, Sune Vork. 2024. On the demarcation of ecolinguistics. Journal of World Languages 10(3): 499-527. https://doi.org/10.1515/jwl-2024-0043.

Stibbe, Arran. 2024. Econarrative. Ethics, Ecology, and the Search for New Narratives to Live By. London: Bloomsbury Academic.

Vallego, J. 2023. Ecolinguistics and AI: integrating eco-awareness in natural language processing. Language & Ecology. https://www.ecoling.net/_files/ugd/ae088a_13cc4828a28e4955804d38e8721056cf.pdf.

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